Jahr: 2021

Unter diesem Titel sollte am 1. Dezember von 15.00-18.00 Uhr in Berlin Mitte eine Veranstaltung des Vereins für Psychiatrie und seelische Gesundheit (vpsg) in Kooperation mit der PIBB zur neuen Richtlinie zur koordinierten und strukturierten Behandlung von Menschen mit komplexem Behandlungsbedarf (KSVPsych-RL) stattfinden, die jetzt pandemiebedingt abgesagt wurde. Unter dem Stichwort Ambulante Komplexbehandlung wird ja dazu bereits seit längerem eine Diskussion in Fachkreisen geführt.

Nach zwei kurzen einführenden Vorträgen von Dr. Julian Dilling (Spitzenverband der gesetzl. Krankenversicherung) und Dr. Michael Krebs (PIBB) findet eine Podiumsdiskussion mit ausgewiesenen Expert*innen statt. Zugesagt haben:

  • Dr. Bernhard Gibis (Kassenärztliche Bundesvereinigung)
  • Dr. Thomas Floeth (Geschäftsführung Netzwerk Pinel)
  • Alicia Navarro Ureña (VPSG Vorstand)
  • Dr. med. Christa Roth-Sackenheim (Vorsitzende Berufsverband Deutscher Psychiater)
  • Eva-Maria Schweitzer-Köhn (Präsidentin Psychotherapeutenkammer Berlin)
  • Dr. Bettina Wilms (Chefärztin im Carl von Basedow Klinikum Saalekreis)
  • Uwe Wegener (Bipolaris Manie & Depression Selbsthilfevereinigung Berlin-Brandenburg e.V.)

Voraussichtlicher neuer Termin: März 2022

Anfang Septemeber hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Erstfassung einer neuen Richtlinie zur Versorgung von Patient*innen mit kompexem Behandlungsbedarf vorgelegt und verabschiedet. Die Behandlung nach dieser Richtlinie wird voraussichtlich MItte nächsten Jahres neue Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Patient*innen mit ärztlich diagnostizierten psychischen Erkrankungen, die deutliche Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen aufweisen und für eine adäquaten Versorgung unterschiedliche Behandler*innen (z. B. Psychiater*in, Psychotherapeut*in) oder Therapeut*innen (z. B. Ergo- und Soziotherapeut*innen, psychiatrische Plfegekräfte) in Anspruch nehmen, sollen dann in einem Netz versorgt werden und eine strukturierte und koordinierte Behandlung mit einem gemeinsamen Behandlungsplan erfahren. Gemeinsame Fallbesprechungen der verschiedenen Behandler*innen sind fester Bestandteil der Behandlung.

Nun erfolgt noch eine Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Viele Fragen, u. a. auch die Vergütung sind bislang aber noch völlig offen.

Die PIBB begrüßt die Verabschiedung der Richtlinie und konnte als stellungnahmeberechtigte Institution ihre langjährigen Erfahrungen mit der sog. ambulanten Komplexbehandlung einbringen. Sie weist außerdem darauf hin, dass in ihrem multiprofessinellem Netz wesentliche Elemente der neuen Behandlungsform (z. B. gemeinsame Fallbesprechungen) schon seit vielen Jahren erfolgreich zum Nutzen der Patient*innen praktiziert werden.

Die AOK Nordost hat den vor 10 Jahren vereinbarten Vertrag zur integrierten Versorgung psychisch kranker Menschen zum 30.9.2021 gekündigt.

Die PIBB bedauert die Kündigung außerordentlich und weist darauf hin, dass in den letzten 3 Jahren mit Hilfe entsprechender Steuerungsmaßnahmen der PIBB bereits erhebliche Einsparungen erfolgt sind. Tatsächlich gibt es aber eine gewisse Anzahl psychisch kranker Menschen, die eine Unterstützung durch die psychiatrische Pflege oder die Soziotherapie dauerhaft benötigen, um ein selbstständiges Leben außerhalb der Klinik gestalten zu können. Insofern habe die Integrierte Versorgung auch mit Blick auf die Regelversorgung gezeigt, dass hier ein entsprechender Bedarf gegeben ist und zukünftig auch berücksichtigt werden muss.

Auch während der nun schon über ein Jahr andauernden Pandemie haben die engagierten Fachärzt*innen, psychiatrischen Pflegedienste und Soziotherapeut*innen in Kooperation mit den beteiligten Krankenkassen im PIBB-Netz alles getan, um die Angebote für die Patient*innen aufrecht zu erhalten:

  • Die ärztlichen Sprechstunden wurden fortgeführt und teilweise als Videosprechstunden realisiert.
  • Die psychiatrischen Pflegedienste und Soziotherapeut*innen verlegten ihre aufsuchende Tätigkeit immer da, wo es möglich war, ins Freie (z. B. bei Spaziergängen) oder hielten den Kontakt zu den Patient*innen über Telefon aufrecht. 
  • Mit der AOK und der BKK-VBU wurden Vereinbarungen getroffen, dass anstelle von persönlichen Kontakten auch Video- und Telefonkontakte angeboten werden konnten und honoriert wurden.

Einzelne Fachärzt*innen des PIBB-Netzes sind außerdem seit einigen Wochen dabei, ihre Patient*innen in der Praxis gegen COVID19 zu impfen, um für alle ein möglichst niedrigschwelliges Impfangebot bereit zu stellen.  

Die PIBB bedankt sich bei allen engagierten Netzteilnehmer*innen und Kooperationspartner*innen!

Der Artikel Innovative ambulante Modelle (erschienen 2020 in Der Nervenarzt) stellt rund 16 Jahre nach Einführung der Selektivverträge nach §73ff SGB V und der Integrierten Versorgung nach §140ff SGB V die Erfahrungen mit diesen ambulanten Modellen dar und zieht ein vorläufiges Resümee. Die Vielzahl der entstandenen (insgesamt ca. 7000) IV-Verträge im psychiatrischen Bereich darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der überwiegenden Mehrheit nur eine kurze Lebensdauer beschert war und dass insgesamt nur ein kleiner Teil psychiatrischer Patient*innen die Vorteile dieser Behandlung in Anspruch nehmen konnte.

In dem Artikel werden exemplarisch zwei unterschiedliche integrierte Versorgungsmodelle dargestellt: das Modell unseres zertifizierten Ärztenetzes (PIBB) und das durch den Innovationsfond geförderte Projekt NPPV (Neurologisch-psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung) im Bereich Nordrhein.

Abschließend kommen die Autor*innen zu dem Schluss, dass die Modelle dazu beitragen, bislang ungenutzte Versorgungsressourcen zu nutzen und die Koordination zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren im Sinne einer individualisierten Behandlung der Patient*innen zu verbessern. Zertifizierte Arztnetze bilden insofern eine Grundlage für die ambulante Komplexbehandlung, wie sie zukünftig realisiert werden soll.

S. Köhler, S · Roth-Sackenheim, C. · Navarro-Ureña, A. · N. Mönter, M.: Innovative ambulante Modelle. Der Nervenarzt 11 (2020).

https://doi.org/10.1007/s00115-020-01010-y

Lange Zeit wurde in der Psychiatrie und Psychotherapie Aspekte der Spiritualität und Religiosität vernachlässigt oder sogar als unwesentlich für die Behandlung psychischer Erkrankungen betrachtet. Nicht auszuschließen, dass es bei vielen Professionellen auch eine gewisse Scheu oder ein Desinteresse gab, sich mit diesem Thema zu befassen.

Das Buch mit vielen Beiträgen bekannter Wissenschaftler*innen und Autor*innen (u. A. Peter Antes, John-Dylan Haynes, Andreas Heinz, Norbert Mönter, Hartmut Zinser), aber auch weniger bekannter Expert*innen und aus eigener Erfahrung Betroffenen widmet sich diesem Thema systematisch und umfassend und möchte insofern einen Beitrag dazu leisten, in der psychiatrischen Behandlung und in der Psychotherapie religionssensibel vorzugehen.

In vier Kapiteln wird das breite Themenfeld umrissen:

  1. Religionssensible Psychotherapie im Kontext neuerer Entwicklungen von Psychiatrie und Psychotherapie
  2. Religionssensibilität: auch eine Frage des Wissens
  3. Pathologische Entwicklungen im religiösen Kontext
  4. Praxis religionssensibler Psychiatrie und Psychotherapie

Das Buch ist als Taschenbuch oder in der Version für den Kindle erhältlich:
Norbert Mönter, Andreas Heinz, Michael Utsch (Hrsg.:) Religionssensible Psychotherapie und Psychiatrie: Basiswissen und Praxis-Erfahrungen. Kohlhammer, Stuttgart (2020).

https://www.researchgate.net/publication/341878169_Religionssensible_Psychotherapie_und_Psychiatrie_Basiswissen_und_Praxis-Erfahrungen_Monter_Heinz_Utsch_Hrsg

Der 11-jährige Bendix (Mika Tritto) lebt in Berlin zusammen mit seinem alleinerziehenden Vater (Andreas Döhler), der schwer depressiv ist und seine berufliche Tätigkeit als U-Bahnfahrer nur noch mit großen Anstrengungen ausüben kann. Den Alltag organisiert Bendix weitgehend alleine und übernimmt gegenüber dem Vater die Rolle des fürsorglichen Kümmerers.

Bei einem Sportfest lernt er die 16-jährige Jule (Ella Morgen) kennen, die emotional-instabil ist und zunächst nichts von ihm wissen will. Zwischen beiden entwickelt sich eine Freundschaft und Jule hilft ihm dabei, die Erkrankung seines Vaters besser zu verstehen und vermittelt den Kontakt zu ihrer Therapeutin. Als der Vater in eine psychiatrische Klinik aufgenommen wird und Bendix für diese Zeit in eine Pflegefamilie kommen soll, empfindet er das quasi als Verrat und fasst einen verzweifelten Plan.

Der Film zeigt, ohne je belehrend zu wirken, die besonderen Probleme und Schwierigkeiten, denen sich Kinder von psychisch kranken Eltern gegenübergestellt sehen. Dr. Michael Krebs hat das Filmteam zum Thema Depression fachlich beraten und findet den Film großartig.

ZDF 26.04.2021 um 20:15

Weitere Infos:
https://www.zdf.de/filme/der-fernsehfilm-der-woche/das-versprechen-156.html

Vor kurzem kam erneut eine erfreuliche Erfolgsmeldung von der DAK Gesundheit: Auch für die Jahre 2017 und 2018 ist die mit der PIBB vereinbarte Bonusregelung erreicht worden. Zum Hintergrund: Nach der Vereinbarung wird der Bonus fällig, wenn die Gruppe der in die IV eingeschriebenen Patienten im Vergleich zu einer von der DAK morbiditätsadjustierten Vergleichsgruppe weniger als 30 Prozent an Krankenhaustagen aufweist.

Besonders erfreulich ist es aus Sicht der PIBB, dass dieses positive Ergebnis in beiden Jahren sowohl für Berlin als auch für Brandenburg erreicht wurde. Dies weist einmal mehr darauf hin, dass die ambulante Komplexbehandlung und das koordinierte Zusammenwirken im Netz auch in einem Flächenland wie Brandenburg erfogreich umgesetzt werden kann.

Auch 21 Jahre nach Einführung der rechtlichen Grundlage für die Soziotherapie im Jahr 2000 ist die Situation insgesamt wenig zufriedenstellend. Immer noch gibt es Bundesländer, in denen die Soziotherapie nicht oder nur höchst marginal vertreten ist, so z. B. auch in Brandenburg. Hier gibt es aktuell nach unserem Kenntnisstand nur vier Anbieter von Soziotherapie, so dass von einem flächendeckenden Netz nicht gesprochen werden kann. In Berlin ist die Situation zwar etwas günstiger und es gibt in jedem Bezirk zugelassene Soziotherapeut*innen, aber gerade in jüngster Zeit haben mehrere psychosoziale Träger ihr Angebot eingestellt.

Der Grund: Die Soziotherapie ist nicht kostendeckend finanziert, sondern allzuoft ein Zuschussgeschäft. Ein weiteres Problem ist der Umstand, dass es vielerorts (so auch in Berlin und Brandenburg) keine länderspezifischen Rahmenverträge für die Soziotherapie gibt.

An dieser unbefriedigenden Situation muss dringend etwas geändert werden. Die PIBB sucht derzeit nach Ansatzpunkten für die Förderung der Soziotherapie und versucht dabei auch die Unterstützung der Krankenkassen zu gewinnen.

Seit mehr als einem Jahr erarbeitet und berät der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über die Erstfassung einer Richtlinie zum § 92 Abs. 6b SGB V  zur ambulanten Komplexbehandlung. Dabei geht es um die berufsgruppenübergreifende und koordinierte Versorgung insbesondere schwer psychisch kranker Menschen mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf.

Die PIBB gehört zu den stellungnahmeberechtigten Institutionen und hat fristgemäß am 26. Januar ihre Stellungnahme zu dem Beschlussentwurf der Richtlinie abgegeben. Sie kann sich dabei auf langjährige Erfahrungen der integrierten Versorgung in einem multiprofessionellen Netz aus Fachärzt*innen für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeut*innen, Soziotherapeut*innen, psychiatrischen Pflegekräften und Ergotherapeut*innen stützen.

Aus Sicht der PIBB ist es besonders wichtig, bei der Behandlungsplanung und Koordination für diese Patientengruppe mit schweren psychischen Störungen ggf. auch rechtskreisübergreifend Maßnahmen und Dienste außerhalb des Wirkungskreises SGB V  einzubeziehen.